Sonntag, 29. November 2009

Der Blick

Schaust Du mich aus Deinen Augen
lächelnd wie aus Himmeln an,
fühl´ ich wohl, daß keine Lippe
solche Sprache führen kann.

Könnte sie´s auch wörtlich sagen 

was dem Herzen tief entquillt, 

still den Augen aufgetragen

wird es süßer nur erfüllt.

Und ich seh´ des Himmels Quelle,

die mir lang verschlossen war, 

wie sie bricht in reinster Helle

aus dem reinsten Augenpaar.

Und ich öffne still im Herzen 

alles, alles diesem Blick. 

Und den Abgrund meiner Schmerzen 

füllt er strömend aus mit Glück.

Joseph von Eichendorff

Montag, 18. August 2008

Fehler als Inspirationen


Wenn man Monte do Gozo verlässt, verabschiedet einen dieses Schild. Deutschsprachige Pilger bekommen eine andere Empfehlung mit auf den Weg als Gute Reise.

Ich empfand das sehr inspirierend, denn wer macht sich schon Gedanken über seinen Spielraum? Mittlerweile verstehe ich, dass man für die Verwirklichung seiner Träume erst seinen Spielraum erweitern muss. Große Träume sind wie große Hunde. Sie brauchen Platz und weite Wiesen, um ihre Energie auszuleben.

Mittwoch, 12. März 2008

Des Schöpfers Scherze

Jeder Mensch trägt einen imaginären Grabstein mit sich herum, dessen Inschrift sich ein Leben lang immer wieder verändert. Zumindest bei jenen Menschen, die sich wirklich verändern, denn die meisten wollen einfach nur. Auf ihren Grabsteinen steht dann auch nach Ablauf des Haltbarkeitsdatums: Sie wollten.
Die Menschen, die soviel wollen, betrachten sich meistens als einzigartig. „Was ich alles will! Ich will, also bin ich! Ich will dieses Paar Schuhe, das mit dem Krokodilleder, aber ohne die Schnalle, dann bin ich endlich anders! Mein Wille geschehe!“
Ja, geschieht dir recht. Am amüsantesten aber sind jene Menschen, die glücklich sein wollen. Sie führen Tänze auf, deren Schritte man in keiner Tanzschule lernen kann. Und sie sind so sehr in ihre Choreographie verliebt, dass sie sich zu schade für eine Aufführung sind. Das...mag tragisch sein und ist zugleich eine Komödie, wenn man sich für bessere Plätze entscheidet.
In einer jener Komödien spielte ein junger Schriftsteller namens Benjamin Ashworth die Hauptrolle. Auch er war ein Meister im Wollen, weswegen seine Berufsbezeichung eher Schrift-Hinten-Ansteller lauten sollte. Durch sein übermäßiges Wollen mystifizierte er seine Texte, noch bevor sie entstanden, wodurch sie niemals entstanden. Mozart hinterließ ein unvollendetes Requiem, Ashworth würde ein nie begonnenes Werk der Welt vermachen. Denn sein Wille schlug weiter munter Funken wie ein leeres Feuerzeug. Wer will sich das noch weiter antun? Oh, diese Frage hat Benjamin Ashworth mitgehört! Was macht er aus dieser Vorlage? Es öffnet sich ein Türchen in seinem Kopf, durch das wir Zeuge seiner Erkenntnisse werden. Wie es aussieht, scheint er gerade seinen Willen zu hinterfragen, genauer gesagt, löchert er einen fetten, aufgeblasenen Funktionär, der Ideen und Anfragen von Ashworth‘s Genie in einem eichernen Sekretär verschwinden ließ. Dieses fette Schwein von Wille verprasste Ashworth‘s Energie mit den Illusionen, diesen Konkubinen des Geistes, die in seinem Kopf einen Sauna- und Massageclub eröffnet hatten. Eine Welle der Empörung bricht über Ashworth herein. Jedoch spülte sie auch zwei Erkenntnisse frei: Wie hatte er sich entmachten lassen! und: Welche Macht hatte er, dass er seinen Willen zu einem präpotenten Diktator machen konnte! Ein wirklich perfides System, das er sich erschaffen hatte. Auf der Stelle entließ er seinen Willen und verwandelt ihn in ein Apportierhündchen.
Nun war er wieder Herr im Haus. Jubel brandete in ihm auf. Als frisch gekrönter Schöpfer seiner Selbst fing er sofort an, eine Geschichte zu schreiben. Er zog erst in Erwägung, das soeben Erlebte mitsamt der Entmachtung seines Willens zu erzählen, doch beschloss er, das einem weniger begabten Schriftsteller zu überlassen. Stattdessen barg er eine seiner Ideen aus dem Sekretär seines geschassten Willens. Sie handelte von einer Köchin, die ihre Gefühle schmeckte. Entzündet von dem sinnlichen Potential, sagte er sofort alle Termine ab und schaltete das Telefon aus. Dann begab er sich mit Block und Stift ins Bett und würde es nicht eher verlassen, bevor die Geschichte zu Ende geschrieben war. Sein Schreibfluss entsprang. Antonia war seit drei Jahren Köchin im Gasthaus zur Krone im Wiener Bezirk Ottakring. Sie beherrschte die Zubereitung eines Wiener Schnitzels ebenso wie die anspruchsvolle Herstellung von Salzburger Nockerln. Die Gäste waren zufrieden und der Wirt war es auch. Antonia besaß eine Routine, für die manche Menschen morden würden. Dessen war sie sich aber nicht bewusst. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, ihrer Gefühle Herrin zu werden, die sich nicht nur in ihrem Herzen zeigten, sondern auch auf ihrer Zunge. Ihre Gefühlswelt war ein Gewürzregal. Das konnte sie bei ihrer Arbeit nun wirklich nicht gebrauchen. Sie durfte sich noch nicht einmal darüber aufregen. Ihrer Wut haftete ein ätherischer Eukalyptus-Hustenbonbon-Geschmack an. Das Abschmecken geriet damit zu einem Fiasko. Übte sie sich in Demut, war diese gleich Anis und wenn sie sich von einer Freundin Trost spenden ließ, schmeckte dieser nach Vanille. Ihre Traurigkeit stritt mit dem Humor um das Salz und die kurzen Augenblicke der Freude passten gut zu einer Saltimbocca alla Romana.
Die Freude des Benjamin Asworth aber glich mittlerweile einer teuflischen Besessenheit. Sein Füller flog über das Papier, das sich unter dem starken Druck aufwellte. Seine Aufmerksamkeit lag nun ganz bei seiner Protagonistin, die er genüßlich leiden ließ, umso mehr, da er ihre Erlösung bereits kannte, ihr jedoch die Erkenntnisse auf dem Weg dahin nur langsam einträufeln würde. Vereinnahmt von seinem Schöpfereifer bemerkte er erst spät den unverkennbaren Geruch verbrannten Fleisches. Seine Nase ordnete ihn der Nachbarswohnung zu, denn es war gerade Mittag. Doch er schmolz weiter das göttliche Erz seines Geistes und erglühte unter dem Druck seiner Absicht.
Erst als die Flammen aus seinem Körper schlugen, entriß ihn die Panik seinem Schöpfungsakt – sie schmeckte übrigens nach Dill – und unter schrecklichen Schmerzen verbrannte er vor den blinden Augen seiner unfertigen Antonia. Die von den Nachbarn alarmierte Feuerwehr fand nurmehr Ashworth‘s Überreste vor, konnte aber keine Brandursache feststellen. Der Brandinspektor las das unbeschadet gebliebene Manuskript und sagte resümierend zu seinem Kollegen: „Er muss einen sehr starken Willen besessen haben.“

Montag, 4. Februar 2008

Haiku Gedichte

Alles strebt zu dir
schlagende Sternenherzen
auf geweihtem Weg

Von wo der Wind weht
bist du die Saat dieser Erde
keimend im Chaos

Falscher Schein erlischt
Nimm Anlauf für den Ursprung
Sonnenerzeuger

Gleite im Gehen
der Riese Angst wird kleiner
im Wunder des Selbst

Durch's Tor Ritual
Seele aus der Zeit entschlüpft
in Ewigkeit

Der neue Mythos
will nicht länger sich zieren
wird praktizieren

Im Narrengewand
trägst du den Ernst zu Grabe
ins Flausoleum